"Offenes Parteibüro" mit unserer Parteivorsitzenden Katja Kipping und Friedrich Straetmanns (MdB)

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Am 15. Januar begrüßten Katja Kipping und Friedrich Straetmanns interessierte Gäste im Bielefelder Parteibüro. Der Eröffnungsvortrag und die anschließenden Diskussionen hatten die Schwerpunkte aktuelle soziale und ökologische Probleme sowie preiswertes Wohnen.

Besonders wichtig war Katja das Thema Hartz IV und Saktionen. Im November 2019 hatte sie im Bundestag begründet, warum DIE LINKE die Sanktionen abschaffen möchte:

 

Hartz IV – das bedeutet soziale Spaltung der Gesellschaft.

Und schon deshalb werden wir uns niemals damit abfinden.

Im Folgenden möchte unsere Kritik mit offiziellen Fakten untermauern:

Die Armutslücke, also die Differenz zwischen der durchschnittlichen Hartz-IV-Leistung und der Armutsgrenze, ist gewachsen, sie beträgt inzwischen über 390 Euro im Monat. Ein Alleinstehender in Hartz IV, der keine weiteren Einkommen hat, lebt also im Schnitt 390 Euro unter der Armutsgrenze.

Das zeigt: Hartz IV ist Armut per Gesetz.

Jeder Dritte, der sanktioniert wird, lebt mit Kindern zusammen.

Hartz-IV-Sanktionen gefährden also auch das Kindeswohl.

Jede 3. Arbeitsaufnahme aus Hartz IV ist kürzer als 6 Monate. In kurzer Zeit muss der Betroffene wieder zum JobCenter.

Hartz IV das ist also auch Arbeitsvermittlung mit Drehtüreffekt: Kaum ist man raus, ist man schon wieder drin.

Im Zuge von Hartz IV hat die Bereitschaft zugenommen, schlechte Jobs anzunehmen.

Hartz IV – das ist also auch ein Angriff auf Arbeitsstandards und Löhne.

Umso absurder ist es, wenn die Hartz-IV-Fraktionen den Eindruck erwecken, niedrige Regelsätze seien im Interesse der hart arbeitenden Menschen.

Wir als LINKE meinen: die Beschäftigten, wie die Verkäuferin, Pflegekräfte, Busfahrer – sie alle verdienen mehr. Deshalb unterstützen wir ihre Kämpfe um höhere Löhne.

Ich frage aber, was hat z.B. die Pflegekraft davon, wenn es den Hartz-IV Betroffenen weiterhin schlecht geht? Kann sie davon ihren Kindern auch nur ein Paar Schuhe mehr kaufen? Nein.

Liebe hart Arbeitende in diesem Lande: Wenn die Hartz-IV-Fraktionen in Hartz-IV-Debatten auf Sie verweisen, dann nicht, weil die wollen, dass Sie mit mehr Geld nach Hause gehen. Die wollen nur, dass es anderen noch schlechter geht als Ihnen.

Gehen Sie denen nicht auf den Leim.

Wir als LINKE haben einen anderen Ansatz: Wir wollen, dass Beschäftigte und Erwerbslose insgesamt mehr bekommen.

Das ist finanzierbar, wenn wir Millionengewinne und Millionenerbschaften stärker besteuern.

Schluss mit der Hetze gegen Hartz-IV-Betroffene

Nicht genug, dass diese Regierung den Menschen Armut zumutet. Nein, sie bedient auch noch negative Klischees, wie das des faulen Arbeitslosen.

Vor rund 5 Monaten sagte der CDU-Redner (Matthias Zimmer) in einer Hartz-IV-Debatte:

Hier werden „diejenigen, die fleißig sind und wenig Geld haben, von denen noch ausgebeutet, die anstrengungslos von der Umverteilung leben.“

„anstrengungslos von der Umverteilung leben.“ – So denkt die Union über Hartz-IV-Betroffene.

Sie von der Union haben so offensichtlich keine Ahnung davon, wie sehr das Gefühl der Hartz-IV-Schikane ausgeliefert zu sein, die Menschen belastet.

Gehen Sie mal vor ein JobCenter, schauen Sie den Menschen ins Gesicht, hören sich ihre Schicksale an. Und dann überlegen Sie sich, ob Sie denen das auch ins Gesicht sagen würden.

Von niedrigen Hartz-IV-Regelsätzen sind Menschen in Maßnahmen und Weiterbildung, Menschen in Arbeit, die aufstocken müssen, weil die Löhne nicht reichen und arme Rentnerinnen, die Grundsicherung im Alter beziehen, betroffen.

Tatsache ist, nur jeder Vierte in Hartz IV ist im engen Sinne arbeitslos. Nur jeder Vierte!

Mal davon abgesehen, dass Erwerbsarbeit nicht die einzige Form von Leistung an der Gesellschaft ist.

Also hören sie endlich damit auf, Hartz-IV-Betroffene als faul zu denunzieren!

Heil - ein Sozialminister im Standby, wenn es um Hartz IV geht

Ein Wort an den zuständigen Minister. Herr Heil, wenn wir hier über Hartz IV reden, sagen Sie oft, es ginge ihnen um Arbeit statt um Almosen.

Ich bin sehr dafür, dass Erwerbslose besser unterstützt werden bei der Suche nach Erwerbsarbeit.

Tatsache ist jedoch, Ihre Regierung stellt für die Arbeitsvermittlung von Hartz-IV-Betroffenen pro Kopf nur ein Fünftel der Summe zur Verfügung, die in der Arbeitslosenversicherung pro Kopf zur Verfügung steht. Nur ein Fünftel pro Kopf.

Ich frage Sie: Warum ist Ihnen die Arbeitsvermittlung von Hartz-IV-Betroffenen so wenig wert?

Herr Heil, es gibt ja durchaus Bereiche, in denen Sie aktiv sind. Aber wenn es um Hartz IV geht, schalten Sie in Stand-by.

Wenn es um Hartz IV geht, haben wir einen Sozialminister im Stand-by.

Das muss sich  ändern.

Und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Sanktionen ist ein guter Anlass dafür.

Blick nach vorn

15 Jahre Hartz IV – ist für die LINKE auch ein Anlass nach vorne zu schauen, wohin die Reise gehen soll.

Ich meine, es ist höchste Zeit, mit dem Hartz-IV-System zu brechen und es zu überwinden durch gute Arbeit, die zum Leben passt, eine eigenständige Kindergrundsicherung sowie eine sanktionsfreie Mindestsicherung.

Freiheit von Armut für alle ist möglich!

Wo Solidarität praktisch wird

Mehr als 15 Jahre Hartz IV sind auch Jahre voll Kampf - geführt von Betroffenen, Sozialverbänden, Gewerkschaften.

An dieser Stelle sage ich: Mein ganzer Respekt gilt den vielen Initiativen und Betroffenen: die weiter beharrlich gegen Hartz IV kämpfen, die unabhängige Beratung leisten, die deutlich machen: Keiner muss allein zum Amt.

Ihr leistet praktische Solidarität.

Euer Einsatz ist eine wahre Leistung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Lasst uns gemeinsam weiterkämpfen.

Und zwar solange bis wir zusammen Hartz IV und Armut in die Geschichtsbücher verdammt haben.

Für eine Zukunft frei von Hartz IV und ohne Armut!