Verhandlungen zu einem Sozialtarifvertrag gescheitert – Streik bei MM Graphia

ver.di Bezirk Ostwestfalen-Lippe
OWL

Die zum österreichischen Mayr-Melnhof-Konzern gehörende Bielefelder Verpackungsdruckerei MM Graphia Bielefeld GmbH soll nach dem Willen des Konzerns ihre Pforten schließen. Zunächst war im August 2020 angekündigt worden, die Tiefdruckabteilung der Graphia zu schließen, doch Anfang Mai 2021 wurde bekannt gegeben, dass es nun um den ganzen Standort gehen sol

Eine sehr schlechte Nachricht für die 212 im Werk arbeitenden Menschen und ihre Familien. Betriebsrat und Geschäftsführung haben Verhandlungen zu einem Interessenausgleich und Sozialplan aufgenommen, die aber gescheitert sind. Für so einen Fall ist nach Betriebsverfassungsgesetz eine betriebliche Einigungsstelle zwingend vorgesehen. An deren Ende steht oft eine Lösung, die sich an üblichen Mindeststandards orientiert.

Da das Werk in Bielefeld aber in den letzten Jahren nie rote Zahlen geschrieben hat und mithin nur aus dem Profitstreben des Konzerns geschlossen werden soll, reicht den Arbeitenden eine solche Mindestlösung nicht aus. Deshalb haben sich parallel zu den Verhandlungen des Betriebsrates auch immer mehr Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftlich organisiert und engagiert. Bei einer ver.di-Mitgliederversammlung Ende Mai wurde eine Tarifkommission gewählt und beschlossen, den Arbeitgeber zu Sozialtarifverhandlungen aufzufordern. In solchen gewerkschaftlichen Verhandlungen sind die Forderungen der Arbeitenden nicht an gesetzliche Mindeststandards gebunden, sondern können in freien Verhandlungen gefunden werden. 

Nach einem Berechnungsmodell der Hans-Böckler-Stiftung entsteht ein wirtschaftlicher Gesamtschaden von 83 Millionen Euro bezogen auf die gesamten Erwerbsbiographien aller Arbeitenden. Die Hälfte dieser Summe wurde von ver.di als Sozialplanvolumen zur Milderung der Einbußen der Arbeitenden durch die Konzernentscheidung gefordert – in einer ersten Verhandlung am 01.07.2021 konnte der Arbeitgeber aber nicht einmal ein eigenes Angebot auf den Tisch legen. – Eine völlige Missachtung der berechtigten Interessen der vom Verlust des Arbeitsplatzes bedrohten Menschen im Betrieb. Damit waren die Tarifverhandlungen gescheitert, bevor sie überhaupt wirklich beginnen konnten.  Deshalb hat ver.di nun am heutigen Montag, 05.07.2021, zu einem ersten 24-stündigen Warnstreik aufgerufen. Eine Streikversammlung wird am Dienstag, 06.07.2021, ab 09:00 Uhr in der Graphiastraße parallel zum im Betrieb beginnenden Einigungsstellenverfahren stattfinden.