Sind die „Kunden“ des Jobcenters unter Generalverdacht?
Leistungsbeziehende, die sich als Kommunal- und Regionalpolitiker um Mandate bewerben, sollen von den Jobcenter-Mitarbeitern über die Lokalpresse identifiziert und dem Vorstand gemeldet werden.
Aus einem internen Papier des Jobcenters Lippe geht hervor, dass Mitarbeiter aufgefordert werden, die Presse, insbesondere die Regionalseiten der LZ, aufmerksam zu lesen. Wenn ihnen ein Name aus der Lokalpolitik bekannt vorkommt, soll dieser vorsorglich mit der „Kundendatei“ des Jobcenters abgeglichen und der Vorstand informiert werden. Was soll mit einer solchen Anordnung erreicht werden?
Uschi Jacob-Reisinger (Sprecherin DIE LINKE. Lippe): „Wir haben den Eindruck, dass hier etwas aus dem Ruder läuft, und dass Menschen, die sich als Leistungsbezieher in der Kommunalpolitik engagieren, unter Generalverdacht gestellt werden. Das ganze Hartz-4-System ist Auswuchs einer Fehlentwicklung, die mit ihren Repressionen immer mehr die leistungsbeziehenden Menschen bekämpft, anstatt die Ursachen der Arbeitslosigkeit. Es stände dem Jobcenter Lippe gut an, nicht den Eindruck zu erwecken, nur für die Statistik und nicht für die Menschen zu arbeiten.“
Fakt ist: Es fehlt eine gesetzliche Regelung, die die Aufwandsentschädigungen für gewählte oder ernannte Mitglieder in Kommunalvertretungen anrechnungsfrei stellt. Die derzeit geltenden Regelungen werden von verschiedenen Jobcentern sehr unterschiedlich ausgelegt. Zumeist sind politisch aktive Menschen im Leistungsbezug von ALG II jedoch durch die Anrechnung der Aufwandsentschädigungen deutlich schlechter gestellt als diejenigen, die neben einem Erwerbseinkommen ein solches Ehrenamt übernehmen. Dies ist eine Einschränkung der politischen Teilhabemöglichkeiten, die aus Sicht der LINKEN schlicht diskriminierend ist, und Menschen im Leistungsbezug von einer Kandidatur zum Stadtrat oder Kreistag abhält. So angewendet, hebelt Hartz 4 das Grundgesetz aus.