Wir bringen Bewegung rein: 100 % sozial. Europa geht anders!

DIE LINKE. Bielefeld, Heinz Willemsen
OWL

Interview mit Frank Schwarzer, Bundestagskandidat, DIE LINKE. Bielefeld

Merkels Euro-Rettung ist ein Anschlag auf Europa, heißt es in einer Presseerklärung der LINKEN Bundestagsfraktion. Frank, was will die LINKE damit sagen?

Die Politik der Bundesregierung verfolgt den Zweck, die Ansprüche der Kapitalbesitzer auf hohe Renditen zu gewährleisten. Infolge der tiefen Wirtschaftskrise schafft sie das aber nur noch, indem der Lebensstandard weiter Teile der Bevölkerung, v.a. in Südeuropa, nach unten gedrückt wird. Arbeitslosigkeit, Existenzunsicherheit, die Entwertung von Ausbildung sind die Folgen. Was derzeit in Griechenland und anderen Staaten gemacht wird, wird in der einen oder anderen Form auch auf uns zukommen. Diese Entwicklung fördert wiederum rechtspopulistische und rechtsextreme Stimmungen, die die bürgerliche Demokratie aushöhlen.


Müssen wir denn den Euro nicht um jeden Preis retten, weil sonst Europa zerbricht und die Rechten dann Auftrieb bekommen?

Die „Euro-Rettung“ dient nicht dem europäischen Zusammenhalt. Sie rettet auch nicht die Griechen, Portugiesen oder Spanier. Gerettet werden vielmehr die Finanzinstitute, wie eine aktuelle Studie von attac belegt. Die Frage, wie wir es mit dem Euro halten, ist für DIE LINKE. nicht entscheidend. Schon vor der Währungsunion war die Europäische Union ein wirtschaftsliberales Projekt. Die Beschäftigten, Erwerbslosen, Rentner, Studierenden und Auszubildenden müssen dagegen möglichst europaweit eine starke Bewegung aufbauen.


Welche Alternative hat denn die LINKE zu Merkels Politik?

Wir müssen zuerst nach Wegen suchen, den Staatshaushalt unabhängig von den Finanzmärkten zu decken. Es gibt eine breite Palette an möglichen Maßnahmen, z.B. eine radikale Steuerreform, mit der die bisherigen Krisengewinner zur Kasse gebeten werden. Das muss mit wirksamen Kapitalverkehrskontrollen einhergehen. Die Regeln der EU, wie sie 2007 im Vertrag von Lissabon festgeschrieben wurden, verbieten das jedoch. Deshalb ist hier ein Bruch notwendig! Jede fortschrittliche Regierung muss zunächst den Lissabon-Vertrag kündigen.


Aber gibt es denn in der Praxis Ansätze für eine Alternative zur Politik des sozialen Kahlschlags von Merkel und der Troika (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds)?

Die linken Kräfte konnten noch keine alternative Politik durchsetzen. Aber wenn der Widerstand stärker wird, können wir das Schlimmste verhindern. In Zypern haben Massenproteste erreicht, dass nicht die Kleinsparer die Kosten der dortigen Bankenkrise zahlen.
Die Privatisierung öffentlichen Eigentums und das Lohndumping  in Deutschland müssen aufhören. Darum ist es wichtig, dass die Gewerkschaften hohe Tarifabschlüsse erzielen. Wir unterstützen auch Streiks, wie bei Amazon. Aber erst, wenn soziale Bewegungen und der kämpferische Teil der Gewerkschaften grenzüberschreitend zusammen handeln, wird ein solidarisches Europa entstehen können.


Das Interview mit Frank Schwarzer führte Heinz Willemsen, DIE LINKE. Bielefeld