Demonstrierende Russlanddeutsche: „Putins 5. Kolonne“ und Rassisten?

Uschi Kappeler, Michael Pusch

In Gütersloh, Harsewinkel, Versmold und vielen anderen deutschen Städten haben am Wochenende mehrere 1000 überwiegend aus Russland stammende Menschen gegen Gewalt gegen Frauen und für Frieden, aber auch für eine Schließung der Grenzen und die Abschiebung von Asylsuchenden demonstriert. Der Bayerische Rundfunk diffamiert die Demonstranten als „5. Kolonne Putins“. Viele sind mit dem Vorwurf „Rassisten“ schnell zur Hand. DIE LINKE im Kreis Gütersloh warnt vor zu schnellen und pauschalen Urteilen.

Auslöser der teils rassistischen Demonstrationen war die angebliche Vergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens in Berlin durch Flüchtlinge. Die Polizei geht nicht von einer Vergewaltigung aus, sondern ermittelt wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch einer Minderjährigen gegen zwei Männer. Laut „Spiegel Online“ und dem Anwalt des Mädchens handelt es sich bei den Verdächtigen nicht um Flüchtlinge.

Es gibt keine Entschuldigung für sexualisierte Gewalt an Frauen – egal wann, wo und von wem sie begangen wird. Die Täter müssen ausfindig gemacht und strafrechtlich verurteilt werden. Aber sexualisierte Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Die Frauenhäuser sind überfüllt, die Beratungstellen überlastet mit den Opfern der Gewalt überwiegend deutscher Männer. Über den sexuellen Mißbrauch von Kindern in deutschen kirchlichen Einrichtungen hören wir ständig neue schockierende Nachrichten.

Es gibt aber auch keine Entschuldigung für rassistische Äußerungen und Hetze. Angsträume in deutschen Städten darf es weder für Frauen noch für Flüchtlinge und Migranten geben.

Die steigende Zahl von Flüchtlingen ist die Quittung für das jahrzehntelange Versagen deutscher Politik. Deutschland liefert Waffen in 120 Staaten. Deutsche Konzerne plündern weltweit Menschen und natürliche Ressourcen aus. Deutschland exportiert Krieg, Armut und Unterdrückung. Vertreibung und Flucht sind die Folge.

Nur die wenigsten Flüchtlinge haben die Chance Deutschland zu erreichen. Dennoch führt dies hier zu einer Verschärfung der sozialen Probleme. Für Wohnungsnot, Leiharbeit, Hungerlöhne und die Misere im Bildungs- und Gesundheitssystem sind aber nicht die Flüchtlinge verantwortlich. Die sozialen Mißstände hierzulande sind Ergebnis einer Politik, deren vorrangiges Ziel die Profitmaximierung von Konzernen und Banken ist. Also genau jener Politik, die auch für die Ursachen von Flucht verantwortlich ist.

Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Migranten und Einheimischen, Ethnien und Religionen, zwischen Mann und Frau, jung und alt. Die Grenzen verlaufen zwischen unten und oben. Der gemeinsame Feind ist der Kapitalismus. Wer Zorn und Gewalt dennoch gegen Schwächere richtet, ist unwissend und feige.