Fluchtursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge!

Bündnis der demokratischen Kräfte OWL, DIE LINKE. Kreis Gütersloh

Auf Einladung des Bündnisses der demokratischen Kräfte OWL und der der LINKEN im Kreis Gütersloh war Sevim Dağdelen am Donnerstag zu Gast in Gütersloh. Sevim Dağdelen ist Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, Sprecherin der Fraktion DIE LINKE für Internationale Politik, Migration und Integration. Ebenso kompetent wie engagiert nahm sie Stellung zu den Ursachen von Flucht und Vertreibung.

Sevim Dağdelen begann mit der Faktenlage. Weltweit sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Krieg, Bürgerkrieg und existenzielle Not zwingen sie dazu, ihre Heimat zu verlassen. Über 80 % fliehen innerhalb des eigenes Landes. Nach Europa schaffen es nur die wenigsten. Innerhalb Europas spielt Deutschland nur eine mittelmäßige Rolle. So kommen in Schweden auf 1000 Einwohner*innen 15 Flüchtlinge, in Deutschland gerade mal 2,5.

Nach dem Dublinabkommen muss der Staat das Asylverfahren durchführen, in dem die Asylbewerberin oder der Asylbewerber zuerst einreisen. So konnte Deutschland die Probleme vor allem Griechenland, Italien und Spanien aufbürden. Das ging solange gut, bis diese Länder als Folge der Finanzkrise kollabierten und mit der zunehmenden Zahl von Flüchtlingen überfordert waren.
Scharf verurteilte Sevim Dağdelen das restriktive Asylrecht in Deutschland, dass von einer Koalition aus CSU/CDU, SPD und Grünen noch weiter verschärft wurde. Besonders diskriminiert werden Flüchtlinge vom Balkan. Dies trifft vor allem die Roma, Opfer eines Völkermordes, verübt von deutschen Faschisten. Auch nach Afghanistan sollen Flüchtlinge zurückgeschickt werden, während zugleich der Bundeswehreinsatz dort wieder ausgeweitet werden soll.
Während Tausende ehrenamtliche Helferinnen und Helfer großartigen Einsatz zeigen, versagt die Politik. Sie bekämpft die Flüchtlinge, nicht die Fluchtursachen. Im Gegenteil, seit den Anschlägen in Paris schreien alle nach noch mehr Krieg. Sie nennen es wie 2001 Krieg gegen den Terror. Aber wer Krieg sät, wird Terror ernten. Das haben Afghanistan, der Irak, Libyen und Syrien bewiesen. „Der IS-Terror ist das Ergebnis westlicher Kriegspolitik,“ stellt Sevim Dağdelen fest. „ Der Westen muss aufhören mit dem eigenen Terrorismus und der Unterstützung von Despoten.“ Als Sofortmaßnahme fordert sie dem Daesh (IS) die finanzielle und logistische Unterstützung zu entziehen. Hilfreich wären effektive Grenzkontrollen zwischen der Türkei und den von islamistischen Terrorgruppen beherrschten Gebieten. Das verhindert die Türkei, die ihre Grenzen offenhält für den Terror, aber humanitäre Hilfe für Kobane verweigert.
Flucht hat sehr viel mit sozialer Gerechtigkeit zu tun. Global, weil Freihandel und ein ungerechtes Weltwirtschaftssystem ganze Kontinente ruinieren und die Existenzgrundlagen der Menschen zerstören. In den westlichen Staaten wiederum scheinen die Flüchtlinge zu Konkurrent*innen derer zu werden, die die an den Rand gedrängt wurden. Es geht um Wohnungen, um Arbeit, Gesundheitsversorgung und Bildung. Das ist Gift für den sozialen Zusammenhalt. Die Angst ist verständlich, aber verantwortlich sind nicht die Flüchtlinge, sondern die neoliberale Politik der letzten Jahrzehnte. Also die Politk, die auch die Fluchtursachen schafft. Die Grenzen verlaufen nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen Oben und Unten!
„Weder die Verschärfung des Asylrechts, noch Mauern und Zäune werden Menschen aufhalten, die Angst um ihr Leben haben“, so Sevim Dağdelen. „Offene oder geschlossene Grenzen entscheiden aber über Leben und Tod von Flüchtlingen.“ „Solange nicht global soziale Gerechtigkeit und Frieden herrschen ist es die Pflicht einer jeden Mutter und eines jeden Vaters, ihren Kindern eine Perspektive zu geben. Für viele ist die einzige Perspektive die Flucht. Wir fordern deshalb eine komplett andere Politik“, schließt Sevim Dağdelen. „Wir sind für ein Ende der Abschottung Europas, gegen die weitere Zusammenarbeit mit dem Erdogan-Regime, für das Ende eines Weltwirtschaftssystem, das die Existenzgrundlagen von Milliarden Menschen zerstört. Wir wollen ein Verbot von Waffenexporten, ein Ende der Kriegseinsätze und den Austritt aus der NATO. Die Kürzung der Mittel für die UNHCR-Flüchtlingshilfe muss zurückgenommen werden. Wir wollen die Einführung einer Millionärssteuer. Allein in Deutschland brächte das 80-100 Milliarden Euro jährlich. Für den sozialen Wohnungsbau, Krankenhäuser, Schulen und Kitas."
Zum Abschluss verwies Ismail Tas vom Bündnis der demokratischen Kräfte OWL auf die gefährliche Lage der Opposition in der Türkei und appellierte an die zahlreichen Gäste, die Demonstration gegen Krieg und Terror am Freitag in Bielefeld zu unterstützen.