"KASSE oder PRIVAT?" - Anforderungen an eine solidarische Gesundheitspolitik

DIE LINKE Kreisverband Gütersloh

Am Freitag war die Expertin für Gesundheitspolitik beim Vorstand der IG-Metall, Angelika Beier, zu Gast in Gütersloh. Die Gewerkschaft vertritt nicht nur die Interessen der Beschäftigten in den Betrieben und in Tarifauseinandersetzungen, sondern sie setzt sich auch für die Interessen von Kranken und Beitragszahlern ein.

Scharfe Kritik übte Angelika Beier an der Abkehr von der paritätischen Finanzierung der Krankenversicherung. Seit dem Jahr 2005 zahlen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen höheren Beitrag als die Arbeitgeber. Inzwischen hat die große Koalition den Arbeitgeberanteil gesetzlich „eingefroren“. Alle Kostensteigerungen gehen künftig zu Lasten der Beschäftigten und werden durch Zusatzbeiträge finanziert. Die Zusatzbeiträge liegen in diesem Jahr bei durchschnittlich 1,1 %, werden aber bis 2018 auf etwa 1,6 % steigen. Bei einem durchschnittlichen Einkommen bedeutet dies eine Belastung von bis zu 500 € im Jahr.

Die fehlende Parität ist aber nicht das einzige Problem. Dank der Versicherungspflichtgrenze können Besserverdienende die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) verlassen und ihren Vorteil bei den privaten Kassen suchen. Wer viel verdient und in der GKV verbleibt, profitiert von der Beitragsbemessungsgrenze. Ab einem monatlichen Einkommen von 4.237,50 € steigt der Beitrag nicht mehr an. Ein schwerer Schlag für die sozialen Sicherungssysteme und damit auch für die Krankenversicherung waren die Stagnation bzw. der Rückgang der realen Einkommen in den letzten Jahrzehnten und die Ausweitung prekärer Beschäftigung. Zugleich stiegen die Ausgaben. Besonders jene für Medikamente. So finanzieren die Versicherten die traumhaften Renditen der Pharmaindustrie, die bis zu 25 % vor Steuern erreichen. Unnütze Kosten erzeugt auch der Wettbewerb zwischen den rund 150 gesetzlichen Krankenkassen. Auch die Folgen der Über-, Unter- oder Fehlversorgung zahlen die Beitragszahler. Ganz zu schweigen von den Risiken für die Kranken.

Die IG Metall verlangt kurzfristig konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. Dazu gehört die Wiederherstellung der Parität, eine Kostenbremse für Arzneimittel und ein verlässlicher Bundeszuschuß zum Gesundheitsfonds. Letzteren hatte Finanzminister Schäuble mehrfach gekürzt, um die „schwarze Null“ zu erreichen.

Mittelfristig fordert die IG Metall das Ende der „Zwei-Klassen-Medizin“ und eine solidarische Bürgerversicherung. Das heißt eine Versicherung, in die alle einzahlen, auch Beamte und Selbstständige. Zugleich werden Beiträge auch auf Einkünfte aus Kapital erhoben. So können allen die gleichen, hochwertigen Leistungen ohne zusätzliche Kosten gewährt werden.

Neben den Gewerkschaften sind auch die Sozialverbände und Attac für die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung. Die Forderung findet sich auch in den Programmen von SPD, Grünen und LINKEN. Die Auseinandersetzungen der nächsten Jahre werden zeigen, wer es ernst damit meint.

An der Notwendigkeit einer solidarischen Bürgerversicherung gab es in der anschließenden Diskussion ebenso wenig Zweifel wie daran, dass Privatisierung und Kommerzialisierung im Gesundheitssystem nichts zu suchen haben! Menschen gehen vor Profite!

Mit der solidarischen Bürgerversicherung und allen anderen Themen rund um die Gesundheit beschäftigt sich die Arbeitsgruppe "Gesundheit und Altern in Würde und sozialer Sicherheit". Die Arbeitsgruppe trifft sich an jedem ersten Donnerstag im Monat um 19 Uhr im im Büro DIE LINKE, Bismarckstr. 2, 33330 Gütersloh.

Das nächste Treffen ist am 3. Mai 2016.