Redebeitrag auf der Kundgebung der Assyrer gegen den Landraub im Nordirak

Michael Pusch

Wie vor 100 Jahren geht es fast ausschließlich um ökonomische und strategische Interessen. (...) Bundeskanzlerin Merkel könnte sagen: "Gleichgültig ob darüber Assyrer, Kurden und Türken zu Grunde gehen.“

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Freundinnen und Freunde!
Vielen Dank, dass ich hier ein paar Worte sagen darf. Mein Name ist Michael Pusch, ich bin der Sprecher der Linken im Kreis Gütersloh.
Vor genau 100 Jahren brachten 3 Abgeordnete den Völkermord im Osmanischen Reich auf die Tagesordnung des Reichstages. Der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger, der Sozialdemokrat Eduard Bernstein und Karl Liebknecht, der spätere Mitbegründer der KPD. Die Antwort des damaligen Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg: „Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht. Bei länger andauerndem Kriege werden wir die Türken noch sehr brauchen.“
Nur wenige Wörter müssen wir austauschen, dann haben wir eine exakte Beschreibung der Politik der Merkel-Gabriel-Regierung.
Wie vor 100 Jahren geht es fast ausschließlich um ökonomische und strategische Interessen.
Mit der Unterstützung der Regime in Saudi-Arabien, Katar und der Türkei, aber auch des Barsani-Regimes im Nordirak, ist die deutsche Regierung mitverantwortlich für Unterdrückung, Vertreibung und Krieg.
Bundeskanzlerin Merkel könnte sagen: „Gleichgültig ob darüber Assyrer, Kurden und Türken zu Grunde gehen.“
Die Antwort auf diese Politik des Hasses und der Gewalt kann eigentlich nur der Kampf für eine Gesellschaft sein, in der alle ethnischen und religiösen, in der alle sozialen Gruppen die gleichen Rechte haben. Davon sind wir auch hierzulande weit entfernt.
Wie ungleich schwieriger ist dies im Irak, in Syrien und in der Türkei. Zu einfach lassen sich nach Jahren des Krieges und des Bürgerkrieges Religion und Herkunft mißbrauchen und dienen imperialistischen, aber auch regionalen Herrschaftsinteressen.
Meine Solidarität gilt jedem Versuch diesen Teufelskreis zu verlassen. Wie schwierig das ist, sehen wir in Nordsyrien. Gemeinsam gelang es die islamistischen Terrorgruppen zurückzuschlagen. Jetzt kommt es immer häufiger zu Konflikten zwischen kurdischen, assyrischen, arabischen und turkmenischen Gruppen. Dabei hatten sich die autonomen Regionen im überwiegend kurdischen Nordsyrien eine multiethnische und multireligöse Gesellschaft innerhalb Syriens auf die Fahnen geschrieben. Meine Solidarität für dieses Experiment ist auf eine Probe gestellt.
Nächste Woche stimmt der deutsche Bundestag über Anträge zum Völkermord im Osmanischen Reich ab. Die LINKE hat dazu eine eindeutige Position. Zugleich verlangt DIE LINKE als einzige Partei von der Bundesregierung, sich vorbehaltlos zur historischen Mitverantwortung des Deutschen Reiches am Völkermord zu bekennen.
Die Konsequenz daraus kann nur sein, die deutsche Unterstützung und Aufrüstung der Regime in der Türkei, in Saudi-Arabien und Katar zu beenden. Dies gilt auch für die deutsche Aufrüstung des Barsani-Regimes im Nordirak. Dort richten sich deutsche Waffen gegen Assyrer, aber auch gegen die kurdische Opposition.
Noch 2 Hinweise:
Europaweit rufen heute auch die alevitischen Gemeinden zum Protest auf. Ihr Protest entzündet sich an der von der EU bezahlten „Flüchtlingspolitik“ Erdogans. Gezielt siedelt die türkische Regierung islamistisch-sunnitische Flüchtlinge in der Nachbarschaft alevitischer Dörfer an. In Bielefeld rufen die Alevitischen Kulturgemeinden in OWL und Osnabrück zur Demonstration auf. Beginn ist um 14:30 Uhr auf der Bahnhofstraße vor C&A.
Heute um 16 Uhr beginnt im Neuen Bahnhofsviertel in Bielefeld eine Demonstration des Vereins „Eziden weltweit“. Gefordert wird mehr Schutz für Jesiden, Christen und andere Minderheiten in den Flüchlingsunterkünften.
Ich werde im Anschluss an diese Kundgebung nach Bielefeld fahren und habe noch Plätze frei.
Vielen Dank!